Tag 6: Kein Kaffee, bitte.
Für unseren letzten Tag auf diesem Törn war das Vorhaben einfach, da nur die Strecke von La Gomera zurück nach Teneriffa gefahren werden musste. Einfach gesagt, noch einfacher getan, da wir ja inzwischen ein routiniertes Team sind. Soweit zumindest die Theorie. Das Wetter stellte uns jedoch vor ernsthafte Probleme: Anstelle von fast zuviel Wind wie Montags hatten wir heute null Wind. Und zwar wirklich null. Das Meer war glatter als ein halb ausgetrockneter Dorfbrunnen, weshalb wir auf die Pferde unseres Bordmotors setzen mussten. Leicht deprimiert stellten wir den Gashebel nach vorn und fütterten den Autopiloten mit dem Kurs – zu Tun gab es also vorerst rein gar nix. Deshalb arbeiteten wir angestrengt an unserer Bräune und genossen die Aussicht auf das sich entfernende La Gomera.
Präzise zu gewohnter Zeit (d.h. bei senkrechtem Sonnenstand) begannen wir, Hunger zu haben. Der Kühlschrank war allerdings bereits auf Ferienende eingestellt, und somit war das Rezept des Mittagsmenüs recht einfach: Restlicher Inhalt vom Kühlschrank + Reis = Essen. Sandro hat diese Aufgabe aber hervorragend gemeistert und uns ein leckeres, nahrhaftes Mittagessen zubereitet. Da nun aber wirklich keine Vorräte mehr vorhanden waren, und auch keine Cola mehr, mussten wir uns an die eisernen Reserven machen. Diese bestanden zu 99% aus Bier – Abstinente mussten sich leider bis zum Hafen gedulden. So motorten wir sehr heiter weiter, bis wir im Laufe des Nachmittags wieder in unserem Ausgangshafen San Miguel auf Teneriffa ankamen. Der sehr kreative Hafentechniker empfing uns mit offenen Armen, um sogleich an die Bootsübergabe heranzugehen. Wir mussten ihm dann gestehen, dass wir auch das zweite Genuasegel nicht ganz unbeschadet nach Hause bringen konnten (das erste ist bereits im Laufe von Tag 1a kaputtgegangen). Und bevor Gerüchte entstehen: Auch diesmal war es nicht unser Fehler. Es begann so eine mehrstündige Do-It-Yourself-Bastel-Orgie, in der sich der Hafentechnicker unter Anderem in schwindelerregende Höhen begeben musste, um eine Diagnose der kranken Genua erstellen zu können, und er fühlte sich dort oben dermassen wohl, dass er dort eine Stunde auf die Ersatzteile wartete. Während dieser Zeit geschah so einiges nebenher: Zuerst einmal drehte der Wind endlich auf, was für einige Enttäuschung nach einem komplett windfreien Tag gesorgt hat. Zudem mussten wir einem halben Dutzend Russen helfen, damit sie bei ihrem Anlegemanöver nicht die umliegenden Boote plattmachten, inklusive der ganzen Hafeneinrichtung. Nachdem dieses Rettungsmanöver wortwörtlich im trockenen war, machten wir uns endlich an das wohlverdiente Ankerbier und die wohlverdiente Dusche (endlich, nach 2 Tagen ohne).
Essenszeit war gekommen, und die schlechten Erfahrungen mit der Küche in Teneriffa Anfangs Woche liessen uns nicht gerade Gutes erwarten. Wir entschieden uns dann aufgrund von Marketing-Aktivitäten („Two free bottles of wine!“) für ein normales Restaurant, das sich aber wahrscheinlich insgeheim die Küche mit einem Mexikaner, einem Inder und einem Chinesen teilt. Der Wein war leicht besser als aus dem Tetra-Pack und das Essen war ganz passabel. Wir hatten dann die nachvollziehbare, aber in diesem Fall bescheuerte Idee, den obligaten Kaffee zu bestellen. Nun muss ausgeholt werden: Wir wissen, es gibt ja allerlei schlechten Kaffee. Selecta-Automaten, amerikanischer Filterkaffee, löslicher Kaffee, wiederaufgewärmter Kaffee, mikrowellierter Kaffe etc. All diese wurden diesen Abend in den Schatten gestellt. Vom bestellten Kaffee in besagtem Restaurant, dessen Zusammensetzung uns ein Rätsel bleiben wird (Meerwasser? Bouillon?) hat niemand seine Tasse leergetrunken. Wir haben uns dann dazu entschlossen, dass die Spanier beim Chorizo bleiben und das Kaffeemachen den Italienern überlassen sollten. Nun sind wir zurück im Hafen und geniessen den letzten Ferienabend auf Boot!
Tag 5: Todo marinero
Da heute nur eine fast schon zu kurze Strecke auf dem Plan gestanden hat, können wir heute von ausgeschlafenen Anfangsbedingungen reden. Früher aufstehen hätte sich auch nicht gelohnt, da das Hafenpersonal wegen einer frühmorgendlichen Siesta erst mit einer Stunde Verspätung zum Auschecken bereit war. Wir setzten dann Kurs auf spiegelglatter See ein weiteres Mal in Richtung La Gomera, da es uns die Insel angetan hatte. Wind kam erst auf, nachdem der Tank schon halbleer war, aber dafür kamen wir dann in angenehmem Tempo voran. Um der Langeweile vorzubeugen, wurden wahlweise Thunfischbrötchen verdrückt und Politiker nachgeäfft (jemand wollte ein, zwei Bier gegen die Langeweile, aber das ist unterwegs bei Strafe verboten). Delfine haben unsere Reise auch heute wieder ein Stück begleitet, und zum Dank für ihre Dienstleistung haben wir sie nicht in die Pfanne gehauen.
Der Wind hat dann mal wieder abgeschaltet und eine Stunde später wieder aufgedreht, und ab diesem Punkt konnten Serge und Laurent nicht mehr ruhig sitzen und bekamen Lust, statt einer Nussschale mal ein richtiges Boot zu steuern. Sie übernahmen das Kommando unter fürsorglicher Aufsicht des Skippers, der sie freundlich aber bestimmt anschnauzte („Ihr gebt ja Euer Bestes, aber!“). Unter willkürlichen Wind- und Mannschaftsverhätnissen wurde dann eine Bucht (Valle Gran Rey) auf La Gomera angesteuert, wo die beiden Seebären ein millimetergenaues Anlegemanöver durchführten, und das messerscharf an die Hafenmole. Dem Skipper blieb nichts anderes übrig, als nochmals zu maulen und dann zufriedengestellt zu nicken. Das lokale Hafenpersonal hat uns schliesslich das allerallererste „no problemo“ des ganzen Törns entgegengegrinst, als wir um eine Bleibe und ein Stück Brot für die Nacht baten (okay, das Stück Brot haben wir selber mitgebracht).
Da wir recht früh angekommen waren, blieb noch grosszügig Zeit für allerlei Exkursionen. Wir haben drei Pläne ausgeheckt: Christian, Serge und Sandro wurden beauftragt, den ominösen Place of Light zu suchen und sich dort nach Biogemüse umzuschauen. Laurent und Timo wurden geheissen, sich nach einem ganz seltsamen für Asphalt geeigneten Verkehrsmittel umzusehen und das Landesinnere zu erkunden. Der Rest hatte die undankbare Aufgabe, die lokale Kneipenlandschaft zu inspizieren. Die Resultate waren eindeutig: Die Kneipenlandschaft hat mindestens Hopfensirup und Glacés zu bieten, und zwar zu sehr guten Konditionen (kalt und preiswert). Der Place of Light offeriert Erleuchtung in Euro-Schritten, aber leider nicht das gesuchte, biologische, selbst angebaute Gemüse. Das Landesinnere beginnt mit einer nicht ganz magenverträglichen Anfahrt, bei welcher man Hauptstrassen nicht von Schrebergartenwegen unterscheiden kann. Belohnt werden die Mühen dann aber durch wunderschöne Ansichten über eine schroffe, sattgrüne Landschaft mit dem Meer im Hintergrund. Nach der Rückkehr der Expeditionsteams waren sich alle über zwei Dinge einig: Erstens, dass La Gomera alleine eine Reise wert ist. Und zweitens, dass nächste Woche leider alle wieder im Büro sitzen müssen. Somit musste entschlossen werden, diese bedrückende zweite Vorstellung sofort zu bekämpfen, was nun mit sehr guter Musik, lokalem Wein, Blogschreiben und munteren Diskussionen erfolgreich geschieht.
„Jetzt sind sie endlich auch mit dem Kopf auf dem Schiff angekommen.“ (Wieder ein Skipper, der nicht genannt werden möchte)
Heutige Eckdaten: Teneriffa – La Gomera, 38 Seemeilen, ca. 5h, zwischen 0 und 5 Beaufort, durchschnittlich 8.4 Knoten, 9 gesunde und 0 seekranke Personen.
PS. Da wir keinen Landstrom haben und nicht in einem Hamsterrad rumrennen wollen, gibt es die Bilder erst morgen. Dann aber ganz sicher. Versprochen.
Tag 4: Full! – Huure Schoofseckel!
Tagwacht war heute, wie meistens, um gefühlte 02.30h. Da dies – im Gegensatz zu gestern – wieder ein sportlicher Tag werden sollte, mussten wir für einen guten Start erst eine ordentliche Menge Kaffee bechern. Das Ablegepinkeln wurde von den vermögenderen (okay, heikleren) Crewmitgliedern nicht in den sanitären Anlagen des Hafens, sonder in einem nahegelegenen Hotel erledigt, logischerweise gegen ein paar Euro Bestechungsgeld (der Typ am Empfang hat breit grinsend nach déjà-vu dreingeschaut). Nach einem sportlichen Ableger wurde wieder Kurs auf Teneriffa genommen, wobei das Wetter in der ersten Hälfte nur zum Motoren gedacht war. Wir haben dann den Tank ein gutes Stück verdampft („Drück mal den Hebel runter! Aber nicht über 2800 Touren, sonst säuft er wie wir.“), bevor wir auch nur in eine halbwegs besegelbare Zone kamen. In der Mitte der Strecke zeigte sich Neptun dann doch noch gütig und hat den Wind etwas aufgedreht, sodass wir den Rest der Strecke bei gemütlichen 20 Knoten Wind segeln konnten. Hier lief noch alles glatt – und vor allem komplett Seekrankheitsfrei – abgesehen von gelegentlichen Fehlern der Crew mit anschliessender Kritik des Skippers („Meinst du eigentlich, die Leine kommt alleine vom anschauen rein?“). Zur allgemeinen Heiterkeit und Ablenkung vom einnehmenden Skippergeschrei schickte Neptun noch zwei Delphine welche lustig ums Boot sprangen und eine Show alla Disneyland darboten. Dann jedoch, nichtsahnend und mit den besten Vorsätzen, haben wir versucht, per Funk einen Platz im nächsten Hafen (Puerto Colòn) zu reservieren, was im Vornherein sogar noch mit dem Hafen von Tag 3 abgesprochen worden war. Antwort bekamen wir leider nur Rauschen, was möglicherweise an unserem fehlenden Spanisch, aber doch eher wahrscheinlich an der Siesta lag. Wir haben dann trotzdem mal hoffnungsvoll die Segel hereingenommen („Ich brauch jetzt ein Weissbier“) und es in diesem Hafen versucht – und bekamen prompt den kurzatmigen Kommentar „Full“.
Mit Tatendrang haben wir gewendet, um eine Bucht anzulaufen und dort zu ankern. Nach einem halbstündigen Ankermanöver mit Dinghi-Einsatz unter Lebensgefahr und dem Versuch, die schrottreifen Boote neben uns ganz zu lassen, haben wir einen freundlichen Wink vom lokalen Hafenpersonal erhalten, dass wir uns doch mal nähern sollten. Serge und Sandro nahmen diese Möglichkeit zum Dinghifahren auf sich und haben die Auskunft erhalten, dass auch hier nix ist („Keeein Wort Englisch!“). Wir mussten dann den Anker in mühseliger Arbeit wieder hochholen und wieder Kurs aufs offene Meer nehmen, um schliesslich die Marina del Sur anzulaufen, wo wir endlich Platz, Bier, Tapas und eine warme Dusche fanden. Da sind wir im Moment – und freuen uns bereits auf den vom Sternekombüsenpersonal zubereiteten 4-Gänger! Denn diese haben mit Hilfe eines halb einheimischen Engländers, wecher mit seinen 6 Rentnerkollegen seinen neuen Ruhestand im Dörfchen feiert, einen Supermercato gefunden mit Mojo-Saucen-Pimenten und allem was es für ein leckeres Gemüse-Poulet-Nuudel-Gericht braucht.. eben alles Mojo oder was. Nein der Abend endet nicht mit Mojo sondern mit vielen Anektoden über griechische Deutsche (Griechenlandtrip von Dany), usere deutsche Fahne am Boot und natürlich die deutsche Freiheit.. welche stimmgewaltig und nationalgetreu intoniert wurde… dann schlaft mal schön ihr Matrosen, Fische und Haie.. im bettte und im Hafen kreisend unsere Reste des leckeren Abdendessen vertilged.. ab und zu von schiffenden Matrosen gestöhrt… einfach nicht über Bord fallen.. das mögen die Heie nicht.. die lieben stilles Wasser.. tschüss „Früher, mit der Schweizer Flagge, ging alles besser!“ (Der anonyme Skipper. Das Schiff hat eine deutsche Flagge.)